Reisetagebuch von Halverde nach Brasilien.
Tagebuches von August Brüggeman, später Pater Honoratus; eine Zusammenfassung

Es war im Frühjahr 1934 als der 24-jährige August Brüggemann als Missionsschüler sich auf den Weg machte, um später als Priester in der Mission in Brasilien tätig zu sein. Über seine Beweggründe, den Abschied vom Elternhaus und über die 3-wöchige Reise auf dem Postschiff der Hamburg-Südamerikanische Dampfschifffahrts-Gesellschaft hat er für die Familie ein beeindruckendes Tagebuch geschrieben. Von der ersten bis zur letzten Seite ist das vor 90 Jahren, natürlich in Sütterlin Schrift, verfasste Buch noch gut zu lesen. Jede Zeile und jedes Wort, der inzwischen leicht verblassten Schrift, ist mit großer Sorgfalt geschrieben. Sehr akkurat und in immer gleichem Schriftbild. Mit vielen Fotos, die Aufnahmen in einem kleinen Labor auf dem Schiff selbst entwickelt, hat er seine Aufzeichnungen zusätzlich reichlich bebildert.
Titel des Tagebuches: „Meinen Lieben der Heimat in Liebe und Dankbarkeit gewidmet“.
August Brüggemann war Sohn des Landwirts Bernhard und Johanna Brüggemann. Er wuchs in Halverde, auf dem Bauernhof seiner Eltern, auf. Schon seit der frühesten Jugend war es sein Traum, Priester zu werden und in Brasilien in der Mission zu wirken. Er war Internatsschüler am Missionskolleg der südbrasilianischen Franziskaner Provinz in Eupen/Belgien. Das Kloster diente als Ausbildungsstätte für die Evangelisierung in Südbrasilien. Hier sind seit 1924 insgesamt 348 Missionare für die Ordensprovinz der Franziskaner in Südbrasilien ausgebildet worden. Nachdem er im März 1934 dort sein Studium beendet hatte, stand die Reise nach Brasilien an. Hier beabsichtigte er in das Noviziat der Franziskaner einzutreten, um am Ende Priester zu werden. Hier nahm er dann den Ordensnamen Honoratus an. Die letzten vier Wochen vor Antritt der großen Fahrt, nutzte er für einen letzten Heimaturlaub im Elternhaus.
Über die vom 20.04. 1934 bis Pfingstsamstag, den 19.05.1934, dauernde Reise nach Brasilien hat er ein 300 Seiten starkes Tagebuch geschrieben.
Meine Lieben der Heimat in Liebe und Dankbarkeit gewidmet.
Es ist Freitag, der 20.04.1934, sein Abreisetag. Zum Mittagessen tischt seine Mutter eigens für ihn zum Abschied sein Lieblingsgericht, frische Reibeplätzchen, auf. Dann steht auch schon die Kutsche bereit, mit der ihn vier seiner Geschwister zum Bahnhof nach Recke bringen wollen. Unterwegs, während der Kutschfahrt durch Halverde, die letzten Grüße von Bekannten und Freunden. Aber immer lief vor seinem geistigen Auge die Fahrt mit dem Überseedampfer in Richtung Brasilien ab.
Gegen eine drohende Seekrankheit hatte ihm seine Mutter vorsorglich ein Glas saure Gurken mit ins Proviant gepackt. Aber reichte das als Vorbeugung aus? Nein, er hatte Zweifel und erinnert sich, schon einmal gehört zu haben, dass ein echter Münsterländer Korn gut gegen die tückische Seekrankheit sei. Kurzer Hand stoppt die Kutsche an der Gaststätte Strübbe, mitten im Dorf Recke, um einen Buddel Tebbenhoff Korn zu kaufen. Die ehemalige Schnapsbrennerei Tebbenhoff produzierte in Settrup den in der Region bekannten, klaren Schnaps. Nur noch kurz ist der Weg zum Bahnhof, wo er noch rechtzeitig in den Zug einsteigen kann. Von Recke aus geht es

in Richtung Bramsche-Ohrbeck, dem Sammelpunkt für weitere 14 junge Missionsschüler. Beim Zwischenstopp in Osnabrück wird er ungewollt Augenzeuge eines sonderlichen Aufzuges. Die Osnabrücker Nazis feiern nämlich Hitlers Geburtstag. Strammen Schrittes, mit Trompeten und Fanfaren und ihre Hakenkreuzfahnen schwenkend, marschieren die Abteilungen der SS und die HJ über den Domplatz. Gerade hatte August Brüggemann im ehrwürdigen Dom noch still um Gottes Schutz für die Reise gebetet, da wurde er draußen Augenzeuge dieses lauten Spektakels der braunen Nazis. Für ihn ein denkwürdiger Moment am Tag seines Heimatabschiedes, denn hier erlebt er hautnah das Auftreten der erstarkten NSDAP, die mit ihren strammen Aufzügen und lauten Nazi-Parolen auf sich aufmerksam macht. Mit dem selbst verkündeten „Tausendjährigen Reich“ beginnt eine unselige nationalsozialistische Alleinherrschaft in Deutschland. Nach diesem eindrücklichen Erlebnis, bringt ihn ein Postauto vom Hauptbahnhof weiter nach Bramsche-Ohrbeck. Hier im Exerzitienhaus der Franziskaner, ist der Treffpunkt weiterer 13 Brasilienfahrer. Die Begrüßung ist herzlich. Sie kennen sich aus der gemeinsamen Studentenzeit.
Der folgende Samstag ist ausgefüllt mit letzten Vorträgen zur Einstimmung und Vorb

ereitung auf die Überfahrt nach Brasilien. Es wird immer spannender, je näher die endgültige Abreise beginnt. Am Sonntagmorgen bringt ein Postauto die Reisegruppe zum Bahnhof in Osnabrück. Hier besteigen die jungen Leute den Zug nach Rheine. Zur Überraschung von August Brüggemann trifft er hier noch seinen Vater. Dieser hat zum schmerzlichen, weil endgültigen Abschied von seinem Sohn mit dem Fahrrad noch den langen Weg von Halverde nach Rheine auf sich genommen. Nach dem Abfahrtsignal steht er noch lange winkend am Fenster. Schnell ist der Zug in Emden. Hier im Hafen sollte das große Passagierschiff Monte Alinia für die Fahrt über den Ozean liegen. An dessen Stelle lag an der Kaimauer der kleinere Überseedampfer Vigo. Die dafür vorgesehene Monte Alinia war drei Wochen vorher von der SA für eine Nordlandfahrt „Kraft durch Freude“ (KdF) belegt. Diese Organisation mit Sitz in Berlin bestand von 1933 bis 1945, wobei sich ihre meisten Aktivitäten, mit Beginn des Zweiten Weltkrieges im September 1939, auf die Frontbetreuung und „kulturelle Zerstreuung“ der deutschen Truppen beschränkten. Jetzt also mit der Vigo über den großen Teich. Die Überfahrt kostete 390,00 Reichsmark. Auf dem Schiff befinden sich 190 Kabinen der 3. Klasse und auf dem Zwischendeck ist Platz für 680 Passagiere. Die Kabinenbelegung und -einrichtung geht schnell vonstatten. Da erst am nächsten Morgen das Schiff ablegen wird, machen sie noch einen Abendspaziergang durch die nahe gelegene Innenstadt von Emden. Schon früh am nächsten Tag, dem 23. April, herrscht emsige Betriebsamkeit unter der Schiffsmannschaft. Das Ablegen wird vorbereitet. Gerade sind die Arm dicken Festmachertaue eingezogen, dröhnen die Sirenen der anderen im Hafen liegenden Dampfer. Sie wünschen uns Abfahrenden eine frohe Fahrt. Ein kleiner Schlepper zieht den Ozeandampfer hinaus aufs offene Meer. Nach einer viertel Stunde heulen erneut, vorerst zum letzten Mal, die Sirenen des Dampfers, er signalisiert dem Schlepper, dass er keiner Hilfe mehr bedarf. Jetzt stampft die Dampfmaschine im Innern des Schiffes. Es fährt nun mit eigener Kraft. Da wegen der herrschenden Dunkelheit draußen im Jadebusen nicht viel zu sehen ist, nutzt Reiseleiter Pater Dagobert die Gelegenheit zu einer kleinen Messfeier für die Gruppe. Nach der ersten ruhigen Nacht auf dem Schiff spüren sie, dass es hier draußen auf der Nordsee ein bisschen ruppiger wird. Die Landratten machen die erste Bekanntschaft mit hohem Wellengang. Das Schiff schaukelt mächtig.

So brauchen sie auch nicht lange zu warten, bis der erste sich an der Reling klammerte und die „Fische füttert“. Er bleibt dort nicht lange allein. Einer nach dem anderen sucht den Weg nach draußen. So ist es nicht verwunderlich, dass beim Mittagessen nicht alle Stühle besetzt sind. August Brüggemann lässt sich von der Schaukelei nicht beeindrucken. Zum Abendessen ist die Gruppe, hier und da recht blaß, wieder vollständig. Bei der Fahrt durch den Ärmelkanal nimmt der Sturm an Stärke zu und mit ihm auch die Zahl der Seekranken. Am Abend weisen riesige Leuchttürme der französischen Küsten den Weg in Richtung Biskaya. Am nächsten Morgen sind es nur noch 5 Mann der Gruppe, die sich tapfer gehalten haben. Beim Frühstück scheint das Schiff wie ausgestorben zu sein. Es bleiben mehr als die Hälfte der Plätze an den Frühstückstischen frei. Der Schnaps von Tebbenhoff scheint die Rettung. Eine erhoffte vorbeugende Wirkung hat sich durch seinen Genuss nachweislich nicht eingestellt. Fraglich bleibt nur, ob wegen oder trotz des Genusses dieses hochprozentigen Getränkes die Fische gefüttert werden mussten. Weil August Brüggemann auch nicht ganz frei war von Symptomen, öffnet er die Dose mit den Gurken. „Zwei dicke Bengels müssen ihr Leben lassen“, so schreibt er und fühlt sich danach auch wohler. Auch in den kommenden Tagen bleibt die See sehr rau. Teilweise betragen die Schwankungen mindestens 10 bis 12 Meter. Unter diesen Umständen wird zu Mittag die Suppe vorsorglich in Tassen serviert. Auf Tellern wäre mit größeren Verlusten zu rechnen. Teilweise spülen die hohen Wellen sogar über das Deck. Die Zahl der Seekranken schwankt von einem Tag zu anderen. Der Seegang ist nach wie vor sehr heftig und führt zu Turbulenzen an Bord. Die Gurken übrigens waren an zwei Tagen verzehrt. Der berüchtigte Golf Biskaya macht seinem Namen alle Ehre. Das hält aber die letzten Standhaften nicht davon ab, es sich am Abend mit einem Glas Dortmunder Union Bier und einer echten Brasilzigarre gut gehen zu lassen.
Hier nutzt der Verfasser seine Plattdeutsche Sprache:
Wu kannt auk anners gohn, wenn junge Lüde tosammen kommt, de alle nur betken Geld in de Taske häpt. De mesten solln auk woll denken, in ach dage ist doch vorläufig Schluß, drum wüllt wi et eben düssen Aumt no man äs gut togohn, und dat häp wie auk doon. Bättere Gelegenheit konn wie up dat ganze Schipp nich andreppen. Alles was so praktisch maket. dat et gar nich bätter sin kon. Wenn ät ganz schlimm warn soll, stönden sogar forts achter use Berren, aver sowit droff et nich kommen und dört auk nicht. Dovör woren wie doch ale all to vernünftig. Et was räg gemütlich ene wüßte no mähr to vertellen äs de ännere. Alle Streiche ut de sköne Jugendtied kömen hier ant Dageslecht. So tamm as se alle utkäken, woren se doch immer nich wern. Is auk richtig so. Kann man nich lustig sin un darbi auk fromm? Alls to de richtige Tied dat is am besten. Avver of wie an düssen Aumt auk to de richtigen Tied int Berre kommen sind, kank ju nich seggen. Up de Uhr droffke nämlich nich eine kieken.
Am Abend verlässt das Schiff den Europäischen Kontinent und gleichzeitig verabschiedet sich der Sturm. Die afrikanische Küste nähert sich. Je näher sie in südliche Gefilde kommen und sich dem Äquator nähern wird es an Deck auch angenehmer. Hier fliegende Fische und spielende Delphine zu beobachten ist ein kurzweiliger Zeitvertreib. Es ist ein wahres Schauspiel. Sie scheinen mit dem Schiff spielen zu wollen. Einer aus der Gruppe hatte seine Plattenkamera dabei. Was lag da näher sich mit dem Geheimnis der schwarzen Kunst zu beschäftigen. Es bedarf vieler Versuche, bis sich aus dem Entwicklerbad ein schönes Bild entfaltet. Inzwischen sind die Küsten von Spanien und Portugal passiert. Es wird immer wärmer. Offiziere und Matrosen wechselten ihre blauen Anzüge gegen weiße. Noch sind es 8 Tage bis zur Äquatorüberquerung. Die Sonnenuntergänge und -aufgänge sind ein wahrer Augenschmaus. Wie ein Feuerball taucht die Sonne des morgens am östlichen Horizont auf. Ebenso zauberhaft versinkt sie am Abend in den Fluten des Atlantiks. An den Bordgottesdiensten nehmen außer den Mitgliedern der Gruppe nur wenige Fahrgäste teil. Wie eine Oase im Wüstenland taucht die Insel Las Palma auf. Es ist Mitternacht als das Schiff die Insel passiert. Erst von Ferne die Leuchttürme und dann von nahem das Panorama der erleuchteten Stadt mit dem Hafen; es ist ein beeindruckendes Bild. Am 1. Maifeiertag hat auch das Schiff Festschmuck angelegt. Oben am Mast flattert die Reichsflagge schwarz-weiß-rot und am Heck die Hakenkreuzfahne. Das Deutschlandlied beschließt den Abend. Aus Angst vor der Verfolgung durch die Nazis flohen viele Juden aus Deutschland. Auch auf dem Schiff befinden sich viele jüdische Emigranten. Die Weltnachrichten empfängt die Vigo von der Radiostation Nauen. Die Nachrichtenlage wird dann an Bord in einer Zeitung gedruckt. In den nächsten Tagen, als ringsherum nur Wasser zu sehen ist, vertreiben interessante Bordprogramme eine mögliche Langeweile. Da steht an erster Stelle die vorgeschriebene Bootsübung. Jeder muss sich daran beteiligen. Ein Offizier gibt Anweisungen, wie man sich bei einem eventuellen Schiffsunglück zu verhalten hat. Bei Alarm werden die Schwimmwesten angelegt und die Sammelpunkte bei den Rettungsbooten aufgesucht. Auch unterschiedliche Führungen durch das Schiff tragen dazu bei, dass keine Langeweile aufkommt. Der 5. Mai ist ein sehr heißer Tag. Das Thermometer zeigt im Salon 30 Grad. Einige Fahrgäste haben schon einen Hitzschlag erlitten und werden medizinisch versorgt.
Am Sonntag, den 6. Mai 1934, wird nach 14-tägiger Fahrt auf dem Meer der Äquator passiert. Dazu hat die Crew ein umfangreiches Tagesprogramm aufgestellt. Der wichtigste Teil dabei ist die Äquatortaufe. Sie ist ein weltweit übliches Ritual von Seeleuten wenn ein Passagier zum ersten Mal auf See den Äquator überquert. Dabei werden die Täuflinge am Ende der Zeremonie in einer großen Wanne mit Seewasser vom Schmutz der Nordhalbkugel gereinigt. Es dient ausschließlich der Unterhaltung und Belustigung der Fahrgäste.

Programm für den Tag der Äquatortaufe:
4 Uhr Großes Wecken
8 Uhr Konzert des Delphin-Orchesters
9 Uhr Chor der Meerjungfrauen
10 Uhr Auslegen der Postboje
12 Uhr Diner Table Höfe
14 Uhr Äquator-Besichtigung
15 Uhr Umzug Neptuns wässeriger Heerscharen
16 Uhr Taufe sämtlicher Äquatortäuflinge
17 Uhr Trockenlegung der Täuflinge
18 Uhr Tanz und Kakao – Tee
19 Uhr Ausflug ins Grüne, Maikäfer sammeln
19 ½ Uhr Ausfüllen der inzwischen leer gewordenen Futterluken, unter gütiger Protektion unseres verehrten Oberstewards
20 ½ Uhr Bunter Abend. Lumpen- und Kostümball. Jeder wird gebeten in irgend einem Phantasiekostüm zu erscheinen.
Die Ankündigung, dass eine dort festgemachte Postboje zur Nutzung bereit liege, um die Heimatpostkarten oder -briefe dort einwerfen zu können, hat doch bei einigen Gutgläubigen für Enttäuschung gesorgt. Einige der Fahrgäste hielten tatsächlich Briefe dazu bereit. Eine Postboje ist aber weit und breit nicht zu sehen.


An den folgenden Tagen geht es dann mit Volldampf in Richtung Rio de Janeiro. Während die sehr hohen Tagestemperaturen nach dem Überqueren endlich wieder sinken, steigt die Anspannung vor der bald anstehenden Ankunft in Rio. Der Schiffsverkehr wird merklich stärker. Am Abend künden das rhythmische Blitzen der ersten Leuchttürme der Küste die baldige Ankunft an. Es lockt die viele Passagiere an Deck. Am Samstag, den 12. Mai 1934, um 03.00 Uhr in der Nacht setzt hektische Betriebsamkeit an Bord ein: Wir legen in Rio an. Die meisten sind aufgestanden, um die Einfahrt direkt mit zu erleben. Wir sind in Rio, dem Fleckchen Erde, das für die angehenden Missionare zur zweiten Heimat werden soll. Ein riesiger Schritt, auf dem Weg zur Verwirklichung ihres Lebenstraumes. Die laute helle Millionenstadt ist das krasse Gegenteil der letzten 3 Wochen auf See, wo alles still und bedächtig vor sich ging. Da entdecken die ersten auch schon die Wahrzeichen der Stadt: Den Zuckerhut und die riesige Christus Statue. Am Hafen versuchen die kleinen Händler mit den ankommenden Gästen ihre Geschäfte zu machen. Es herrscht ein quirliges Gewusel. Die Obsthändler bieten z. B. ihre Früchte im Verhältnis zu Deutschland sehr preisgünstig an: 10 Äpfel für 10 Pfennige und 10 Bananen für 20 Pfennige. Uns allen geht eine neue Welt auf. Mit einem Bus fahren wir zum Franziskaner Kloster. Der Empfang der zumeist deutschen Patres ist überaus herzlich. Sie haben viele Fragen, aber als erstes interessiert sie die politische Entwicklung in Deutschland. Das Frühstück besteht aus Weißbrot mit Honig, Bananen, Apfelsinen und Kaffee. Etwas unvollständig könnte man meinen, aber hier ist es normal. Gut gestärkt geht es zur Besteigung der großen Christusstatue dem Carcovado. Nach einem schweißtreibenden Aufstieg ist der Sockel dies Denkmals erreicht. Die Mühen haben sich gelohnt. Die Gefühle kann man nicht beschreiben, wenn man unten am Sockel steht. Die Statue ist 46 Meter hoch und die Spannbreite der Arme beträgt 24 Meter. Wie klein sind doch die Menschen, die sich am Sockel fotografieren lassen. Die Aussicht von hier ist überwältigend. Man kann fast über die ganze Stadt und den Hafen bis weit auf das Meer blicken. Rio ist aber nicht das Ziel der Reise. Am Abend legt das Schiff wieder ab, um nach langer küstennaher Fahrt im Hafen von Santos fest zu machen. Im Franziskaner Kloster lässt sich die sechzehnköpfige deutsche Gruppe mit Bergen von Bananen beköstigen. Bis zur Weiterfahrt unternimmt die Gruppe am nächsten Morgen eine Fahrt ins recht entfernte Sao Paulo. Die Bahnfahrt kostet umgerechnet nur 1,20 Mark. Schon um 05.00 Uhr in der Früh sitzen sie im Zug. Der erste Anlaufpunkt ist das Ordenskloster. Auch hier ist die Freude der Patres groß, wieder einmal deutsche Gäste bewirten zu können und mit ihnen einen lebhaften Abend zu verbringen.

Die Nacht verbringt die Gruppe mangels Betten auf den Fußboden der Bibliothek. Am nächsten Tag geht es zurück zum Hafen von Santos, um nach Sao Franzisco weiter zu fahren. Der Abend wird recht feucht und fröhlich, ist es doch der letzte Abend auf dem Schiff Vigo. Als sich dann bei einigen Symptome der Seekrankheit melden, kehrt zügig die Nachtruhe ein. Der Dienstag, der 15.05. 1934, ist der letzte Tag auf dem Schiff. Nach dem Frühstück heißt es Kofferpacken. Das Ende der gut dreiwöchigen Seereise ist da. Die meisten Passagiere verlassen hier das Schiff. Die Stadt ist bekannt, weil sie Anlaufpunkt für viele Auswanderer ist. Hier verbringt die Gruppe eine Nacht bei deutschen Schwestern, deren Mutterhaus St. Mauritz ist. Am Morgen ist es nur noch eine kurze Fahrt mit dem Zug nach Rio Negro. Das dortige Kolleg wird nun für eine lange Zeit das Zuhause der anstehenden Missionare sein.
Schlußwort des Verfassers:
Hoffentlich haben diese Zeilen Euch eine kleine Freude bereitet, in der Absicht habe ich sie nämlich geschrieben. Seid alle noch einmal recht herzlich gegrüßt aus meiner neuen Heimat, lebet wohl, bleibt gesund und munter, auf Wiedersehen.
Foto links und rechts:
Gruppenfoto mit Halverder Bürgerinnen und Bürger, Pater Honoratus oben links mit Brille; Foto rechts der Ausschnitt aus dem Foto links.
24.02.2025: Das Tagebuch haben Thea und Josef Brinker transkribiert.